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100 Jahre Zollvertrag

Von wegen 27. Kanton: In diesen Punkten unterscheiden sich Liechtenstein und die Schweiz

Vor exakt 100 Jahre wurde der Zollvertrag unterzeichnet. Grund genug, um auf Unterschiede der beiden Partnerstaaten in puncto Wirtschaft, Bodenverbrauch und Umweltschutz hinzuweisen.
Elias Quaderer
Elias Quaderer
Grenzübergang in Balzers
Seit 100 Jahren eng miteinander verbunden: Liechtenstein und die Schweiz. (Bild: Daniel Schwendener)

Am 29. März 1923 unterzeichneten Liechtenstein und die Schweiz den Zollanschlussvertrag. Damit wurden die beiden Staaten per 1. Januar 1924 zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum vereint. Vor 100 Jahren begann also die enge Partnerschaft zwischen Liechtenstein und der Schweiz. Aber auch wenn sich Liechtenstein seither in vielen Bereichen an seinem Nachbarland orientierte: Die nachfolgenden Grafiken, die das Liechtenstein-Institut zur Verfügung stellte, zeigen ein paar Unterschiede zwischen den Partnerstaaten auf.

Liechtensteiner brauchen mehr Platz

Mit Blick auf die Landesfläche ist die Schweiz zwar rund 260-mal grösser als Liechtenstein. Doch im internationalen Vergleich gelten beide Länder als Kleinstaaten. Sowohl in Liechtenstein als auch der Schweiz ist der Boden also knapp. Entsprechend ist in beiden Ländern wiederholt ein Thema, wie mit der begrenzten Siedlungsfläche umgegangen wird.

Allerdings: In der Schweiz ­verbraucht eine Einzelperson deutlich weniger Boden als in Liechtenstein: Während im Fürstentum pro Einwohner im Schnitt eine Siedlungsfläche von 470 Quadratmeter beansprucht wird, sind es in der Eidgenossenschaft nur 396 Quadratmeter: ein Unterschied von 74 Quadratmetern. Dies entspricht beinahe der Fläche eines Badmintonspielfelds.

 

 

Verbrauch an Boden verändert sich kaum

Auffallend ist, dass sich in beiden Staaten seit über 30 Jahren der Verbrauch an Siedlungsfläche kaum verändert hat. Im Jahr 1985 beanspruchte der Durchschnittsliechtensteiner mit 472 Quadratmetern nur geringfügig mehr Siedlungs­fläche als heute, der Durchschnittsschweizer mit 391 Quadratmetern geringfügig weniger. Das heisst: In beiden Staaten hat sich die Siedlungsfläche in den vergangenen Jahren fast parallel zur Einwohnerzahl entwickelt.

Nicht nur Banken, sondern auch Industrie

Banken, Treuhänder und Finanzplatz: Dies sind meist die ersten Assoziationen, die aufploppen, sobald der Name Liechtenstein im Ausland fällt. Unerwähnt bleibt dagegen häufig, wie wichtig die Industrie für die Wertschöpfung des Kleinstaates ist.

 

 

Mit 3,3 Milliarden Franken Bruttowertschöpfung hatte zwar der Wirtschaftsbereich Dienstleistungen im Vor-Corona-Jahr 2019 den höchsten ­Anteil am liechtensteinischen Bruttoinlandsprodukt. Dicht darauf folgt aber mit 2,8 Milliarden Franken die Industrie und das warenproduzierende Gewerbe. Damit lag 2019 der Wertschöpfungsanteil der Industrie bei 46 Prozent; der langjährige Durchschnitt beträgt gut 40 Prozent. Dies ist deutlich höher als in der Schweiz, wo der Anteil der Industrie an der Wertschöpfung vor vier Jahren nur bei 26 Prozent lag.

Höchster Wert in Europa, zweithöchster weltweit

Mit diesem Wert übertrumpft Liechtenstein aber nicht nur sein westliches Nachbarland, sondern auch Österreich, Deutschland, die USA und
Japan. Im Jahr 2019 war der ­Anteil der Industrie an der ­gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung in Liechtenstein sogar der höchste in Europa und der zweithöchste aller Staaten weltweit.

Höhere Investitionen in den Umweltschutz

Vor vier Jahren machte in der Schweiz die «grüne Welle» von sich reden: Aus den eidgenössischen Wahlen 2019 gingen die Grünen als die grossen Gewinner hervor. Trotz deren Wahlerfolge gilt aber immer noch: Das Nachbarland Liechtenstein gibt im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung mehr Geld für den Umweltschutz aus als die Schweiz.

 

 

Konkret beliefen sich die Umweltschutzausgaben in Liechtenstein im Jahr 2020 auf 0,85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während es in der Schweiz nur 0,6 Prozent waren. Unter die Kategorie Umweltschutzausgaben fallen sämtliche Ausgaben mit dem Ziel, Verschmutzungen respektive Beeinträchtigungen der Umwelt zu vermeiden, zu reduzieren oder zu beseitigen.

Ausgaben zwischen 51 und 56 Millionen Franken

Der Vergleich über die Zeit zeigt, dass in absoluten Beträgen Liechtensteins Umweltschutzausgaben zwischen den Jahren 2011 und 2020 recht konstant waren. Die Beträge schwankten zwischen 51 und 56 Millionen Franken jährlich. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung sanken die Umweltschutzausgaben hingegen von rund 1 Prozent auf 0,85 Prozent. Im Unterschied dazu waren die Zahlen der Schweiz in den vergangenen zehn Jahren sehr stabil.

Rasanter Anstieg des Volkseinkommens

Um den Wirtschaftsboom, den Liechtenstein seit Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte, darzustellen, eignet sich das Volkseinkommen. Diese volkswirtschaftliche Kennzahl ist die Summe sämtlicher von Inländern erzielten Erwerbs- und Vermögenseinkommen – wie etwa Löhne, Zinsen und Unternehmensgewinne.

Erstmals berechnet wurde das Volkseinkommen Liechtensteins im Jahr 1954. Damals betrug das reale Volkseinkommen pro Kopf 11'581 Franken (nach den Preisen von 2020). Das waren noch ungefähr 6300 Franken weniger als in der Schweiz. Aber bereits sechs Jahre später – im Jahr 1960 – war das Volkseinkommen in Liechtenstein höher als dasjenige der Schweiz.

Rückgang nach der Finanzkrise

Geradezu rasant war der Anstieg des Liechtensteiner Volkseinkommens pro Kopf zwischen den 1970er-Jahren und Anfang der 1990er-Jahre: Es erhöhte sich von etwa 50'000 Franken auf über 100'000 Franken pro Kopf. Im Gefolge der Finanzkrise sollte das Volkseinkommen zwar einen Rückgang erleben, im Jahr 2020 erreichte es aber wieder einen Wert von 101'632 Franken pro Kopf. Im selben Jahr betrug das Volkseinkommen in der Schweiz 57'457 Franken pro Kopf.

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